Presseberichte

Badische Zeitung vom Mittwoch, 2. Juni 2004

Eine Feier ganz im Zeichen Europas
Fest zum 30-jährigen Bestehen der Partnerschaft mit Sanary Ende Juni am Mittelmeer: Partnerstadt zeigt sich international

Von unserer Mitarbeiterin Gudrid Brauch
vergrössern
Zum Jubiläum der Partnerschaft schon festlich geschmückt: das Hinweisschild der Sanarystraße in Ba ...mehr
BAD SÄCKINGEN. Freundschaften wollen gepflegt sein, umso bewusster, je größer die räumlichen Entfernungen zwischen den Partnern sind. Diese Erkenntnis entkräftet jene Stimmen, die für eine Reduzierung der zu runden und halbrunden Geburtstagen von Städtepartnerschaften gefeierten Feste plädieren. Die deutsch-französische Freundschaft zwischen Bad Säckingen und Sanary-sur-Mer, die nun schon mehr als 30 Jahre lang "hält", basiert vor allem auf persönlichen Begegnungen: auf gewachsenen Beziehungen und immer wieder neuen Kontakten.

Deshalb fahren am letzten Juni-Wochenende rund 150 Deutsche vom Fuß des Schwarzwalds die mehr als 800 Kilometer zu den französischen Freunden ans Mittelmeer. So wie die Säckinger integrieren auch die Sanariens Jubiläumsfeiern gerne in lokale Ereignisse. Das Bad Säckinger Brückenfest 2003 bildete einen glänzenden Rahmen für die 30-Jahr-Feier im vergangenen Jahr. Gleichzeitig wurde damals auch das 30-jährige Bestehen der Partnerschaft mit Purkersdorf in Österreich sowie das 20-jährige Bestehen der Partnerschaften mit Nagai in Japan und Santeramo in Italien gefeiert. In Sanary-sur-Mer wird Ende Juni die "größte Bouillabaisse der Welt" (verzeichnet im Guinness-Buch der Rekorde) wird für die mediterrane Atmosphäre stehen, in welcher das Jubiläum dort gefeiert wird.

Das allererste Fest im Jahr 1973 dauerte zehn Tage lang, weil gleichzeitig die Freundschaft mit dem österreichischen Purkersdorf begründet sowie das erste Brückenfest und das Eggbergrennen im Kalender standen. Prägende Motivation für diese erste "Jumelage" war der Geist der Pioniere der deutsch-französischen Versöhnung nach jahrhundertelanger "Erbfeindschaft". Zum ersten Schritt (genauer: Flug) in die anvisierte Partnerstadt entschlossen sich der damalige baden-württembergische Wirtschaftsminister, der Säckinger Dr. Rudolf Eberle, der frisch gekürte Bürgermeister Dr. Günther Nufer, der Mediziner Dr. Reiner Baitsch und der Französisch-Lehrer Josef Haas. Sie fanden Gleichgesinnte im Ferienort an der Côte d'Azur in Bürgermeister Jean Brunel, in den Ehepaaren Mercier, Brondy, Pellessier und in Maître Albert Adam. Ihnen und vielen anderen gelang es rasch, ihre Begeisterung der breiten Öffentlichkeit in Sanary zu vermitteln. Neben Feuerwehr und Stadtmusik nahmen in der Folge viele Vereine gegenseitig Kontakte auf, die Senioren und die Wanderer wurden (bis heute) zu engen Freunden, Künstlergruppen stellten in beiden Städten aus, und Jugendliche kamen zu Praktika in die jeweilige Partnerstadt.

"Urgestein" aller Begegnungen ist der Schüleraustausch. Dabei wie bei den meisten Kontakten gilt allerdings immer noch, was schon 1983 der damalige Präsident des Comité de Jumelage, Lucien Mercier, beobachtete: "Tout va bien (alles läuft gut) - aber wesentlich mehr Säckinger kommen nach Sanary als umgekehrt." Bei den französischen Jugendlichen hat sich in den vergangenen Jahren zudem der Trend verstärkt, statt der schwierigen deutschen, die leichtere spanische Sprache zu wählen.

Klar ist, dass die Motivation der Gründungsväter, die Versöhnung der "Erbfeinde", heute kein Thema mehr ist. Vielmehr sind Städtefreundschaften in unserer Zeit vom europäischen Gedanken geleitet. So werden die Säckinger das große Fest in ihrer französischen Partnerstadt keineswegs "unter sich", sondern in internationaler Gemeinschaft feiern: mit Menschen aus dem polnischen Koscierzyna, Österreichern aus dem vertrauten Purkersdorf und frisch "angeheirateten" Italienern aus Luino. Internationale Sprachenvielfalt wird also Ende Juni an der blumengeschmückten Uferstraße und in der Altstadt von Sanary zu hören sein.

Um Säckingens französische Partnerstadt zu besuchen, braucht's aber eigentlich kein großes Fest: Das Mittelmeer, der Duft von Herbes de Provençe und die frischen Fischgerichten sowie die Gastfreundschaft der Menschen laden sozusagen ganzjährig zu Besuchen in Sanary-sur-Mer ein.
  

   

SANARY-SUR-MER

Archäologische Funde zeugen von der Anwesenheit von Griechen und Römern am Küstenstreifen des heutigen Sanary. 1688 gewährt Ludwig XIV. dem Ort die Unabhängigkeit, und schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts orientiert sich das Städtchen in Richtung Fremdenverkehr. Literarische Berühmtheit erfuhr Sanary zwischen 1933 und 1945, als deutsche und österreichische Schriftsteller und Künstler auf der Flucht vor den Nazis in dem damals kleinen Fischerort Zuflucht fanden. Unter anderen Thomas Mann und Bertold Brecht, Lion Feuchtwanger und Franz Werfel machten Sanary zur "heimlichen Hauptstadt der deutschen Literatur" (Ludwig Marcuse). Ein bezeichneter Weg führt die Besucher heute zu den einstigen Häusern der Emigranten.

gbs


Inhalt Presseberichte